Der folgende Guide wurde von unserem Leser „def“ verfasst! Er richtet sich zum einen an diejenigen, die ihre Ryzen CPU ans Maximum bringen möchten, gleichzeitig aber auch an all jene, die Wert auf noch mehr Effizienz legen.
Update:
Mittlerweils sind AMDs Ryzen 5000 Prozessoren verfügbar. Das Overclocking der neuen Zen 3 CPUs unterscheidet sich im Prinzip nicht von der Ryzen 3000 Generation. AMD selbst spricht lediglich von etwas mehr Spielraum bei dem Infinity Fabrics, des es beim Ratgeber zum Ryzen RAM Overclocking auszuloten gilt. Zudem gibt es seit AGESA ComboAM4v2Pi 1.1.8.0 mit dem Curve Optimizer die Möglichkeit für jeden Kern eine einzelne Spannung- und Taktkurve anzulegen.
Mit diesem Tutorial könnt ihr also auch eure AMD Ryzen 5600X, 5800X, 5900X und 5950X Prozessoren auf die klassische Art übertakten – wie immer auf eigene Verantwortung.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Hinweise
AMD hat mit PBO (Precision Boost Overdrive) einen für jedermann sehr einfachen und funktionsfähigen Auto-Overclocker eingebaut. Allerdings arbeitet dieser nicht wirklich effizient und kann sogar dafür sorgen, dass ihr deutlich weniger Leistung habt als ihr eigentlich auf euren anliegenden Taktraten haben könntet. Mit manueller Übertaktung kann sowohl die Leistung optimiert und die Effizienz (Leistung zu Stromverbrauch) verbessert werden.
Vorweg noch, dieser Test beruht ausschließlich auf Grundlage meiner eigenen Hardware. Da jedes Stück Hardware ein Unikat ist, können Werte abweichen und sollten als Richtwert angesehen werden.
System
- Prozessor: AMD Ryzen 5 3600
- Mainboard: MSI B450M Mortar Max
- Kühler: Noctua NH-D15 chromax.black (bei amazon)*
- Gehäuselüfter: 3x Arctic P14 (bei amazon)*, 1x P12
- Speicher: G.Skill Trident Z RGB 16GB DDR4-3600 CL14-14-14-28 B-Dies (bei amazon)*
- Grafikprozessor: MSI GeForce GTX 1070 Aero ITX 8G
- Gehäuse: Fractal Design Meshify C Mini
- Netzteil: Corsair SF450 80 PLUS Gold 450W
- Betriebssystem: Microsoft Windows 10 Pro 64Bit
Wichtig: Das Übertakten geschieht auf eigene Gefahr. Im schlimmsten Fall können Schäden an der Hardware nicht ausgeschlossen werden!
Grundlagen
Ihr werdet feststellen, dass etliche Einstellungen bezüglich Overclocking mehrfach vorhanden sind: UEFI, UEFI AMD Overclocking (seperat im UEFI, bei allen Herstellern gleich=Vorgabe von AMD) und Ryzen Master.
Es ist allerdings nicht irrelevant wo ihr Einstellungen vornehmt, denn es gibt feste Prioritäten, welche Einstellungen bevorzugt behandelt werden. Nachfolgend seht ihr, mit der höchsten Priorität beginnend, die Reihenfolge:
- Ryzen Master
- UEFI -> AMD Overclocking
- UEFI
Zur Klarstellung: Jegliche vorgenommenen Einstellungen werden von der höheren Priorität überschrieben/ignoriert.
Da sich Ryzen Master die Freiheit nimmt auch Einstellungen zu ändern, die nichtmals im UEFI vorhanden sind und Werte fest überschreibt, rate ich dringend von der Nutzung ab. Für das weitere Vorgehen empfehle ich deswegen, falls bereits installiert, Ryzen Master zu deinstallieren und einen CMOS-Reset durchzuführen.
Außerdem empfiehlt es sich sowohl auf der aktuellsten BIOS Version zu sein, als auch die neusten AMD Chipset Treiber zu installieren. Achja und natürlich Windows 10 mit der Build 1909 oder höher.
Zur Kontrolle in Windows empfehle ich HWInfo ab Version 6.24.
Bevor ihr euch nun an die Arbeit macht, bitte ich euch mit Cinebench R20 einen Run mit Standardeinstellungen (UEFI Reset, PBO auf AUTO) durchzuführen und dabei HWInfo laufen zu haben.
Ausgangslage
Um eine grobe Richtung zu bekommen, wo ihr mit eurer CPU starten solltet, bitte ich euch einen Screenshot von HWInfo zu machen, während ihr Cinebench R20 laufen lasst.
Die Werte, die ihr auf der linken Seite eingekreist seht, sind die Taktraten, die effektiv bei Multithreadbelastung anliegen (in diesem Beispiel ca. 4000mhz). Für diesen Takt wird eine Vcore (oben rechts eingekreist) von etwa 1.260v angelegt. Je nach dem wie diese Werte bei euch aussehen, sollte dies die Grundlage für euer weiteres Vorgehen sein.
Nun geht es ins UEFI
UEFI
Wie unschwer zu erkennen nutze ich ein MSI Mainboard. Bei anderen Herstellern weichen die Funktionen in Namen/Ort ggF. ab.
Ihr bewegt euch ausschließlich auf der untersten Ebene der Prioritätsskala, sprich bei den Einstellungen des Mainboard-Herstellers. Sollten Werte nicht greifen, könnt ihr immer noch eine Stufe höher gehen -> AMD Overclocking
Die nachfolgenden Bilder zeigen die von mir gewählten Einstellungen, um das Optimum aus meinem System zu holen.
Fangt hier bitte mit humanen Werten an und arbeitet euch langsam vorwärts. Ich empfehle die Werte aus dem vorigen PBO Run nachzustellen und zwar mit fixen Werten und deaktviertem PBO. Im Beispiel des Screenshots wären dies 4000 MHz bei 1,260 Volt. Je nach eurer Chipgüte sind die erreichbaren Werte extrem schwankend!
Abgesehen von euren ermittelten Werten bei Takt und Vcore können alle nachfolgenden Einstellungen übernommen werden.
Resultate
Fangen wir mit dem Ausgangswert zum Vergleich an.
Ich erreiche also mit meinem Ryzen 3600 und Standardeinstellungen mit PBO (auto) ca. 3600 Punkte (schwankt immer um einige Punkte, macht euch da keine Gedanken).
Die CPU lief dabei auf einem Allcore von ca. 4000 MHz (bitte schaut ausschließlich auf den -effektiven Takt- in HWInfo, während ihr die Benchmarks macht).
Als CPU Package Power wurden dabei 90 Watt erreicht und die Temperatur lag bei ca. 72°C. Heiß, aber nicht kritisch
Fassen wir also zusammen:
UEFI Default (PBO auto) | |
---|---|
Allcore Takt | 4000 MHz |
CPU Core Voltage | PBO geregelt |
CPU Package Powe | 90 Watt |
Temperatur: | 72°C |
Cinebench R20 Score | 3600 |
PBO lässt vieles durchgehen und zeigt teilweise sehr hohe Taktraten an, allerdings bringt es die Leistung nicht auf die Straße. Wir reden hier dann von Core-Stretching. Daher nehmt immer CB20 zum Vergleich, wenn ihr euch selbst davon überzeugen wollt.
Schauen wir also mal was es bringt auf PBO zu verzichten und manuell Einstellungen vorzunehmen. (Die nachfolgenden Einstellungen bilden 1:1 meine oben verlinkten UEFI Screenshot-Einstellungen ab. Einzige Änderung jeweils der Multiplikator und die CPU Core Voltage)
Eingestiegen bin ich mit einer Spannung von 1,200v (also deutlich unter der vorher anliegenden Spannung) und hatte Glück, denn das System konnte ohne Probleme Booten. Ich nutze also diese Spannung um zu sehen wo ich mit der CPU stehe.
Der Ablauf ist recht simpel: Werte einstellen und los. Läuft das System stabil kann der Multi/Ratio weiter angehoben werden. Sollte euer System nicht starten oder abstürzen müsst ihr die Spannung anheben. Geht dabei in kleinen Schritten hoch (0.05 V oder weniger).
UEFI Default (PBO aus) | |
---|---|
Allcore Takt | 4000 MHz |
CPU Core Voltage | 1.200 V |
CPU Package Powe | 78 Watt |
Temperatur: | 64°C |
Cinebench R20 Score | 3632 |
Beachtlich: Ohne Leistungseinbußen bleibt die CPU bereits 8 Grad kühler und verbaucht weniger Strom.
Da der Benchmark ohne weiteres durchlief, bin ich weiter zu Core Ratio 42 gegangen, bei noch gleicher Spannung.
Ratio: 42, 1.200V | |
---|---|
Allcore Takt | 4200 MHz |
CPU Core Voltage | 1.200V |
CPU Package Powe | 79 Watt |
Temperatur: | 64°C |
Cinebench R20 Score | 3795 |
Wie ihr sehen könnt hat sich trotz erhöhtem Multiplikator bei gleicher Spannung die Package Power quasi nicht verändert, jedoch knapp 200 Punkte im Cinebench zugelegt. Also wieder eine Stufe weiter:
Ratio: 43, 1.200V | |
---|---|
Allcore Takt | 4300 MHz |
CPU Core Voltage | 1.200V |
CPU Package Powe | 79 Watt |
Temperatur: | 66°C |
Cinebench R20 Score | 3887 |
Auch 4.3 GHz gehen bei meiner CPU noch ohne Erhöhung der Spannung. Hier sehen wir also immer noch keine großartige Änderung bei Verbrauch und nur minimal höherer Temperatur. Die 4.4 GHz konnte ich ich aber nur mit einem leichten Anstieg der VCore durchführen.
Ratio: 44, 1.250V | |
---|---|
Allcore Takt | 4300 MHz |
CPU Core Voltage | 1.250 V |
CPU Package Powe | 87 Watt |
Temperatur: | 70°C |
Cinebench R20 Score | 3969 |
Durch die nötige Erhöhung der Spannung um 0.05V haben wir hier jetzt einen Verbrauch nahe den 90Watt, die wir schon als Ausgangswert mit default-Einstellungen hatten. Allerdings nun mit fast 400 Punkten mehr im CB20. Dies entspricht knapp 10% mehr Leistung bei gleichem Verbrauch und sogar minimal besseren Temperaturen.
Man kann an dieser Stelle noch mehr probieren, doch man sieht bereits bei 1.25 V den anstieg der Temperaturen. Bei 1.3V und mehr nimmt der Effekt zu. Von noch höheren Spannungen rate ich für den Dauerbetrieb ab!
Als Ergänzung hierzu noch ein SingleCore Benchmark mit einem Allcore Takt von 4400, in dem ich es auf 514 Punkte geschafft habe.
Im Vergleich dazu lag ich mit default-Einstellungen und PBO auf Auto bei 489 Punkten (Der Takt lag hier im Singlecore-Boost bei 4200mhz)
Nachdem ich die ersten groben Tests vollzogen hatte, machte ich mich nochmal ans Ausloten der minimal benötigten Spannung für einen stabilen Betrieb der jeweiligen Taktraten.
Es ist mir demnach möglich ein Allcore Setting mit 4000mhz bei nur 58Watt laufen zu lassen. Im Vergleich benötigt bei gleicher Leistung das Default Setting 55% mehr Strom. Dabei blieb die CPU fast 20 Grad kühler, ein enormer Unterschied. Es lässt sich festhalten, dass insbesondere das Ausloten der Mindestspannung ein riesen Vorteil bringen kann.
Anbei noch Benchmark mit Forza Horizon 4 um den Zugewinn in der Praxis zu zeigen
Fazit und Schlusswort
Auch wenn die Leistung bei AMDs aktueller CPU Generation von Haus aus beachtlich ist und PBO automatisiert seine Dienste verrichtet, muss man sich als erfahrener Nutzer nicht zwangsläufig zurücklehnen. Stattdessen kann man noch eine Menge Potential aus seiner Hardware rauskitzeln. Sei es das letzte Plus an Performance, oder ein niedriger Verbrauch und somit einhergehende niedrige Temperaturen. Es gibt eine Menge auszuloten. Belohnt wird man mit einem schnellem, kühlen und somit auch leisem System!
Wie groß der Spielraum ist, hängt von der Güte eures Chips ab. Bei meinem Ryzen 3600 war der Spielraum beachtlich. Könnt ihr keine positiven Effekte beim Allcore-OC feststellen, rate ich zur regulären Nutzung von PBO, denn das funktioniert unterm Strich recht gut.
Desweiteren rate ich niemandem dazu eine dauerhafte Spannung von über 1,3 V zu nutzen, da ihr ansonsten mit sogenanntem Degrading (Abnutzung der CPU, bei längerem Verlauf höhere Spannungen für gleiche Taktraten nötig oder Totalverlust) rechnen müsst. Dieser Prozess wird durch mehrere Faktoren wie Spannung, Temperatur und Auslastung bestimmt. Seht also bitte von 12 Stunden Prime Tests bei hohen Spannungen, vor allem in Kombination mit AVX(2) ab.
Ich hoffe euch hat dieser Guide gefallen und konnte euch etwas weiterhelfen.
Ich freue mich schon auf eure Ergebnisse!
Möchtet ihr euer System noch weiter optimieren empfiehlt sich ein Blick in den RAM Overclocking Guide